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Bilder im Kopf Literaturprojekte rund ums Lesen + Schreiben. Präsentation und Diskussion interessanter Literaturprojekte. Moderation: Regula Venske Andreas Schlüter (Autor, Hamburg): Projektbeispiele Lesetage und Lesenächte. Der Hamburger Autor Andreas Schlüter schilderte die Entstehung des von ihm initiierten Projekts der Hamburger Lesetage und Lesenächte. Zunächst stellte er fest, dass in Deutschland Kulturschaffende und Künstler stets unter Rechtfertigungsdruck stehen, um eine Finanzierung ihrer Arbeit zu erwirken. Irland dagegen hat beispielsweise ein größeres Selbstverständnis seiner Kunst- und Kulturschaffenden und betreibt auch durch die Befreiung von steuerlichen Abgaben für diese Berufsgruppe eine andere Art der Kulturförderung, die nachahmenswert erscheint. Um dem hierzulande üblichen bittstellerischen Weg durch die Administrative der Kulturbehörde zu entgehen, trat Andreas Schlüter in Vorleistung und veranstaltete zunächst in Steilshoop eine Lesenacht. Kinder, die nicht vorlesegeübt sind, haben Schwierigkeiten, aus Texten Bilder in ihren Köpfen (Kopfkino) entstehen zu lassen und die enthaltenen Informationen aufzunehmen. Darum stellt schon frühes wiederholtes Vorlesen eine so wichtige Aufgabe dar. Die Kinder kommen mit Schlafsäcken, Verpflegung von den Eltern und Büchern in die Schule. Im Anschluss an eine Autorenlesung und Buchtauschaktionen darf bis zur Erschöpfung gelesen werden. Andreas Schlüter gelang es mit dem regelmäßig durchgeführten Projekt in Schulen und Bücherhallen Lesen als Kulturförderung für Kinder auch außerhalb von Schule förderungswürdig zu machen. Die HEW, die bis dato nur Literaturförderung für Erwachsene im Programm hatte, finanziert die Lesetage und Lesenächte, die heute fester Bestandteil des Hamburger Kulturgeschehens sind. Die Hamburger Kulturbehörde und Hamburgische Kulturstiftung kamen als Sponsoren hinzu. Prof. Birgit Dankert (Hochschule für Angewandte Wissenschaft, Hamburg): Impulsvortrag. Prof. Dankert sprach zunächst über die große Bedeutung des Vorlesens. Vorlesen ist eine Situation, in der alle Sinne angeregt werden, die in der kulturellen Bildung eine große Rolle spielt. Es ist inzwischen auch neurowissenschaftlich belegt, dass die Gehirnströme, die beim Vorlesen entstehen, prägend sind für das ganze Leben. Es werden ästhetische Muster, also Welterklärungs- aber auch formale Muster, die mit ganz bestimmten Emotionen verbunden sind, wiederbelebt. Es ist auf eine emotionale Nähe, auf eine Zuwendungssituation hin ausgerichtet und es hat in prägender Weise einen Vorbildcharakter. Sie beglückwünschte all diejenigen, die absichtsvoll Kinderliteratur schreiben dazu, dass sie ganz offensichtlich mit dieser Art von Literatur etwas geschaffen haben, was diesen Ausbildungsvorgang im frühen Kindheitsstadium ganz eindeutig Prägendes geschaffen haben. Kinderbuchautoren wissen, dass bestimmte Formen von Literatur der Aufnahme des Kindes entgegen kommen. Doch Vorlesesituationen sind auch sozial determiniert. Die Pisa-Studie gibt Anlass, auf Dinge hinsichtlich der Lesesituation hinzuweisen, die auch schon von früheren Lese- und Medienforschern geäußert worden sind aber anders eingeordnet wurden. Man kann also davon ausgehen, dass diese Dinge schon über 15 Jahre bekannt sind. 23 % aller Kinder bis 15 Jahren lesen mehr als schlecht. So ist es beschämend, dass Deutschland mit Mexico und Venezuela die größte Diskrepanz zwischen sehr guten und sehr schlechten Lesern hat, dass wir es mit aller Art der Leseförderung nicht geschafft haben, ein großes gemeinsames Feld zu bilden. Pisa vermeidet es, eine Schulform zu nennen, die Erfolg verspricht. Aber es ist doch interessant zu hören, welche Voraussetzungen ein gutes Lernumfeld bietet: - autonome, selbstständige Schule - vielfältiges Lernangebot - geordnete Umgebung - Leistungsfördernde Unterstützung Der Kanon dieser Attribute kann auf jede der professionellen Bereiche, die anwesend sind, Bibliotheken, jeden Kindergarten etc. übertragen werden. Jede Form der Leseförderung sollte im Hinterkopf haben, dass 80 % aller Lebensleistungskompetenz in der nichtschulischen Bildung erworben wird. In Finnland nimmt der Freizeitbereich einen wichtigeren Stellenwert ein als schulischen Angebote. Die großen Freizeitangebote, die wir in der Bundesrepublik in der kulturellen Jugendhilfe anbieten, schaffen es offensichtlich nicht, die soziale Determiniertheit durch das Elternhaus auszugleichen. Das stelle eine größten bildungspolitische Herausforderungen dar. Zwei programmatische Pisaäußerungen, die auch für Leseförderung interessant sind, wurden von Prof. Dankert genannt. Einmal die Lesefreude, Spaß am Lesen zu vermitteln, d.h. die Kinder in außerschulischer Pädagogik dort abzuholen, wo ihre Interessen sind, wo sie dazu bereit sind, sich einzulassen auf das Gelesene, dem Sog der Ästhetik folgen und dabei Informationen aufnehmen. Aber auch die Informationsaufnahme als Selbstlernprozess dürfe neben der Ästhetik nicht vernachlässigt werden. Ihre Antwort auf die Frage, was gelungene Leseförderung ist lautet: Literatur ist vorhanden, wird vorgelebt, ist nicht imperativ, antwortet auf individuelle Bedürfnisse, wirkt aber sowohl sittlich wie funktional, ist Einebnung unter anderem und Kunst lebt, sie vermag sowohl Lebensbeherrschung als auch ästhetische Muster aufzunehmen. Kritisch bewertete Prof. Dankert, dass sich die bei uns praktizierte Leseförderung meist im leichten Segment abspielt Erfolgversprechend ist eine Kooperation/Vernetzung von Kunst und Pädagogik, die Synergien zu definierten Zielen nutzt. Hamburg vereint als Stadtstaat die Möglichkeiten einer Kommune mit der eines Bundeslandes. Privatverträge können föderative politische Engpässe überspringen. Es gibt zwei Möglichkeiten, Kulturförderung zu betreiben. Entweder wird Kultur als freiwillige Leistung an Pflichtinteressen angehängt oder es erfolgt eine Neudefinition, dass die Kommunen verpflichtet sind, zu kultureller Bildung. Das Kulturmanagement führt Excellenzen jede herausragend und professionell auf ihrem Gebiet zu Projekten zusammen. Aus dieser Mischung aus innovativem Tun der Künstler, dem Kulturmanagement der Vermittlung einer Professionalität, die sich der Leseförderung verpflichtet, könnte etwas entstehen, das die besten Dinge, die die Verwaltung auf der einen Seite und die Kunst auf der anderen zu bieten hat. Die Diskussion zeigte, dass es heute in HH eine Vielzahl von positiven Ansätzen auf Stadtteilebene gibt, die noch Einzelfälle darstellen. Das Angebot an Büchern ist mit mehr als 5000 neuen Kinder- und Jugendbüchern pro Jahr größer denn je. Kinder lesen aber nicht die Literatur, die sich Eltern und Pädagogen wünschen. Gute Literatur herauszufiltern wird immer schwerer. Ziel von Kinderliteratur sollte sein, Kinder mit guter Literatur zu faszinieren. Es wurde angesprochen, das die Förderung sozial Schwächerer durch bestehende Sprachbarrieren schwerer geworden ist. Lesemotivation durch die Lehrer scheitert häufig. Es wurde vielfach beobachtet, dass sich Lehrer bei schulisch organisierten Literaturveranstaltungen zurückziehen, anstatt vorbildhaft ihr Interesse daran zu zeigen. Auf Stadtteilebene gibt es bereits einige Initiativen, die sich der Leseförderung annehmen. Verschiedene bereits laufende Projekte stellten sich vor. Punkt, Punkt, Komma, Strich, Literatur-Workshops für Kinder im Goldbekhaus motiviert Kinder durch verschiedene Leseveranstaltungen. http://www.pauw-politycki.de/news/ Klick! Das Kindermuseum Hamburg [Osdorfer Born] veranstaltet im kleinen Kreis Leseveranstaltungen für Kleinkinder. (http://www.kindermuseum-hamburg.de) Lese- und Schreibaktionen der Bücherhallen locken durch Gewinne und motivieren Kinder Bewertungen von Büchern zu verfassen. (http://www.buecherhallen.de/web/kinder/index.cfm) Nach welchen Kriterien wird Literatur für Kinder ausgewählt? Zunächst gelangen meist nur die Bücher auf den Markt, die auch Frauen (Müttern, Kindergärtnerinnen, Lektorinnen...) überzeugen können. Um aber den typischen Nichtleser, der männlichen Geschlechts ist, ansprechen zu können, bedarf es mehr Männerbücher. Die Verkaufszahlen Harry Potters widerlegten die These, dass ein gutes Kinderbuch nicht mehr als 120 Seiten umfassen dürfe, um gelesen zu werden. Prof. Dankert sprach von ihrer Erfahrung als Jurymitglied bei der Vergabe des .... Buchpreises machte. Die 9 Jurymitglieder waren sich bei der Bestimmung des Preisträger schnell einig, die Urteile über die nächst beste Kategorie gingen sehr auseinander. Schließlich wurden noch kurz Bemühungen der Schreibförderungen angesprochen. Dazu zählt der Schreibwettbewerb der Zeit-Stiftung, dessen Preisverleihung im Literaturhaus stattfand. Schreibwerkstätten in Schulen überfordern die Lehrer häufig mit den Realitäten der Kinder, die in ihren Texten Ausdruck finden. Hinzu kommt, dass Lehrer die Techniken des Schreibens aufgrund mangelnder Ausbildung nicht vermitteln können. Selbst im Germanistikstudium kommt die Struktur guter Literatur, die Technik des Schreibens nicht vor. Schreibwettbewerbe fanden auch auf Stadtteilebene wie in Jenfeld und St. Pauli statt. Das Schreiben von Krimis, Texten, die im eigenen Stadtteil spielen, dient aber dazu, seinen Stadtteil einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel wahrzunehmen. Abschließend wurde der Wunsch formuliert, dass _ Stunde Vorlesen in den Schulalltag integriert werden möge und die Genialität und Kreativität des Künstlers in großer Wertschätzung von den Schulen aufgenommen werden möge. zurück zum Programm |
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